Steuerkanzlei kaufen oder selbst gründen? Vor- und Nachteile für Steuerberater

Du stehst an einem Scheideweg: Sollst du eine bestehende Steuerkanzlei übernehmen oder lieber mit einem Partner neu durchstarten? Die Entscheidung prägt deine berufliche Zukunft – finanziell, strategisch und emotional. In diesem Blogartikel analysieren wir Vor- und Nachteile, versteckte Risiken und warum eine Neugründung oft die nachhaltigere Lösung ist.
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Kauf einer Steuerkanzlei vs. Neugründung

Warum der Kauf einer Steuerkanzlei verlockend sein kann – aber nicht immer klug ist

1. Sofortige Mandanten und Cashflow: Der größte Vorteil – mit einem Haken

  • Schneller Markteinstieg: Eine etablierte Kanzlei liefert dir sofort Umsätze. Während Neugründer oft 12–24 Monate brauchen, um eine stabile Mandantenbasis aufzubauen, springst du hier direkt ins kalte Wasser – mit Schwimmflügeln.
  • Statistiken zur Mandantenfluktuation: Studien zeigen, dass nach einem Inhaberwechsel 15–30% der Mandanten abwandern – vor allem, wenn sie eine persönliche Bindung zum Vorgänger hatten. Bei Steuerberatung, die stark auf Vertrauen basiert, ist das ein kritisches Risiko.
  • Cashflow vs. Cashburn: Ja, du hast von Tag 1 Einnahmen. Aber prüfe genau: Wie hoch sind die laufenden Fixkosten (Miete, Gehälter)? Deckt der Cashflow sie, oder musst du privat nachschießen?

2. Das Team: Erfahrene Mitarbeiter:innen – oder versteckte Konflikte?

  • Personalknappheit umgehen: Der Fachkräftemangel trifft Steuerkanzleien hart. Ein bestehendes Team spart dir die Suche nach Talenten – wenn die Chemie stimmt.
  • Achtung, Kultur-Clash: Übernimmst du eine Kanzlei mit starren Hierarchien oder veralteten Arbeitsweisen? Mitarbeiter:innen, die seit 20 Jahren „ihre Routine“ haben, könnten Neuerungen blockieren.
  • Retention-Bonus: Kläre vor dem Kauf, ob Schlüsselmitarbeiter:innen bleiben. Sonst riskierst du eine Abwanderungswelle – und verlierst wertvolles Know-how.

3. Infrastruktur und Prozesse: Fluch oder Segen?

  • Kosten sparen, aber Flexibilität verlieren: Büroräume, Software-Lizenzen (z. B. DATEV), Aktenarchive – alles ist vorhanden. Doch was, wenn die IT veraltet ist? Eine Digitalisierung kann 50.000 €+ verschlingen.
  • Prozessoptimierung vs. „Das haben wir immer so gemacht“: Übernimmst du eine Kanzlei, die noch mit Papierakten arbeitet, während du auf Cloud-Lösungen setzen willst? Der Widerstand des Teams könnte deine Pläne ausbremsen.

4. Standort und Reputation: Gold wert – oder ein fauler Kompromiss?

  • Lagevorteil nutzen: Eine Kanzlei in der Innenstadt hat hohe Sichtbarkeit – aber auch hohe Mietkosten. Prüfe, ob die Lage zu deiner Zielgruppe passt. Beispiel: Eine Kanzlei im Seniorenviertel ist ideal für Erbschaftsberatung, aber weniger für Startups.
  • Reputationsrisiko: Ein guter Ruf ist hart erarbeitet – aber schnell zerstört. Recherchiere, ob es versteckte Skandale (z. B. Beratungsfehler) gibt, die später auf dich zurückfallen.

Die Schattenseiten des Kaufs: Warum viele Steuerberater:innen die Rechnung ohne den Wirt machen

1. Der Preis: Mehr als nur der Kaufbetrag

  • Bewertungskennzahlen: Steuerkanzleien werden oft mit dem 0,5-1,5-fachen Umsatz bewertet. Bei einem Jahresumsatz von 500.000 € sind das schnell 250.000 - 750.000 €.
  • Versteckte Kosten:
    • Altlasten (z. B. ungeklärte Haftungsfälle)
    • Lange Mietverträge (10+ Jahre für teure Büroflächen)
    • IT-Sanierung (z. B. Umstellung auf DSGVO-konforme Tools)

2. Die Integrationsfalle: Wenn Mandanten und Team rebellieren

  • Mandantenkommunikation: Wie erklärst du den Wechsel? Ein schlecht geplanter Übergang (z. B. kein persönliches Intro-Letter) führt zu Verunsicherung.
  • Mitarbeiter-Bindung: Bist du auf die Loyalität der Angestellten angewiesen? Ohne klare Kommunikation und Incentives (z. B. Beteiligungsmodelle) drohen Abgänge.
  • Kulturkampf: Du willst agiler arbeiten, das Team besteht auf klassische 9-to-5-Strukturen. Solche Konflikte kosten Zeit und Nerven.

3. Hidden Burdens: Die Fallstricke, die niemand sieht

  • Schlafende Mandanten: Mandate liegen auf Eis.
  • Veraltete Verträge: Langjährige Stammkunden zahlen oft Alt-Tarife. Eine Preisanpassung könnte sie vergraulen.
  • Datenchaos: Ungescannte Belege, unvollständige Akten – die Nachbearbeitung frisst Wochen.

4. Veränderungsresistenz: Der größte Feind der Innovation

  • „Das haben wir schon immer so gemacht!“ – Dieser Satz wird dein Begleiter. Ob Digitalisierung, neue Serviceangebote oder Homeoffice: Jede Änderung trifft auf Skepsis.
  • Mandanten vs. Moderne: Vor allem ältere Mandanten lehnen Online-Tools ab. Willst du sie zwingen – oder teure Parallelstrukturen pflegen?

Die Neugründung auf der Grünen Wiese oder mit einem Partner: Warum du hier die Kontrolle behältst – und langfristig profitierst

1. Du bestimmst die DNA der Kanzlei – von Anfang an

  • Zielgruppe schärfen: Spezialisiere dich auf Nischen wie Crypto-Steuer, internationale Konzerne oder Freelancer – ohne Rücksicht auf bestehende Mandanten.
  • Moderne Prozesse: Starte direkt mit Cloud-Lösungen und digitaler Mandantenkommunikation.
  • Agile Strukturen: Homeoffice, flache Hierarchien, projektbasiertes Arbeiten – baue eine Kanzlei, die Top-Talente anzieht.

2. Der richtige Partner:

  • Komplementäre Skills: Bist du der Steuer-Nerd? Dann suche jemanden mit IT- oder Marketing-Expertise. Beispiel: Ein Partner wie die taxtify GmbH unterstützt Dich bei der Suche nach Mandanten, Mitabeitern, der Erstellung Deiner Website etc.

3. Mandantenakquise: So startest du auch ohne Bestandskunden durch

  • Nischen-Marketing: Nutze gezieltes Content-Marketing (z. B. YouTube-Steuertipps für Influencer) oder Kooperationen (z. B. mit Startup-Hubs).
  • Digitale Touchpoints: Eine moderne Website mit Live-Chat, Webinare zu Steuerupdates oder ein kostenloser Check der Steuererklärung – so baust du Vertrauen auf.
  • Empfehlungsmarketing: Biete Bestandskunden (später) Prämien für Weiterempfehlungen – das kostet weniger als Google Ads.

4. Keine Altlasten, volle Flexibilität – warum das den Unterschied macht

  • Skalierbarkeit: Ohne veraltete IT oder langfristige Mietverträge kannst du schneller wachsen – oder ins Ausland expandieren.
  • Krisenresistenz: Eine digitalisierte Kanzlei übersteht Lockdowns besser als ein Betrieb mit Papierakten.
  • Zukunftsfähigkeit: Du entscheidest, wann du KI-Tools, Blockchain oder andere Trends integrierst – ohne Rücksicht auf „das haben wir noch nie gemacht“.

Fazit: Kaufen vs. Gründen – was passt zu dir?

Kriterium Kauf Neugründung mit Partner
Kosten Hoch (Kaufpreis + versteckte Lasten) Geringer (keine Übernahmekosten)
Zeit bis zur Profitabilität Sofort (aber Risiko durch Mandantenfluktuation) 12–24 Monate (dafür stabile Basis)
Flexibilität Gering (gebunden an bestehende Strukturen) Hoch (volle Gestaltungsfreiheit)
Risiko Hoch (Integration, Altlasten) Mittel (abhängig von Akquise-Erfolg)
Zukunftsfähigkeit Oft limitiert (veraltete Prozesse) Maximal (moderne Ausrichtung von Anfang an)

Warum Gründen oft siegt:
Eine Neugründung mit Partner gibt dir die Chance, eine zukunftsfeste Kanzlei zu schaffen – ohne Kompromisse bei Technologie, Teamkultur oder Zielgruppe. Du umgehst teure Altlasten, vermeidest Integrationskriege und baust ein Business, das zu deinen Werten passt.

Aber: Wenn du dich für einen Kauf entscheidest, gehe mit offenen Augen rein:

  • Führe eine Due-Diligence-Prüfung (Mandantenstamm, Verträge, IT) durch.
  • Plane Reserven für versteckte Kosten ein (mind. 20% des Kaufpreises).
  • Kläre früh, ob das Team und die Mandanten zu dir passen.

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Maximilian Justus Müller von Baczko